Versuch einer Selbstbeschreibung der Antifaschistischen Initiative Hamm
Stand: Juni 2013
Als antifaschistische Initiative Hamm haben wir uns in einer Zeit gegründet, in der die rechten Strukturen sich grundlegend neu formiert haben. Seit 2003 bestand in Hamm eine aktiv agierende Kameradschaft, die sich bis heute stark mit den umliegenden Städten, vor allem mit der als Nazihochburg bekannten Stadt Dortmund, vernetzt hat. Seit jeher wurden Nazis seitens der städtischen Regierung, der lokalen Medien und dadurch auch von weiten Teilen der bürgerlichen Bevölkerung Hamms, schlichtweg geleugnet. Als dann überraschenderweise im August 2012 die Kameradschaft Hamm, der Nationale Widerstand Dortmund und die Kameradschaft Aachener Land durch die Landesregierung verboten wurden, war ein Leugnen nicht mehr möglich. Der Oberbürgermeister tat überrascht, gestand sich reuevoll gewisse Fehler ein, versprach nun natürlich, gegen das „Problem Rechtsextremismus“ vorzugehen, blieb aber bei seinem eigentlichen Prinzip „Mülltonnen raus und Jalousien runter“ (!).
Die Skandalisierung des „Phänomens Neonazis“ und das Verbot der Gruppen sorgte vor allem dafür, dass die Illusion entstand, das Problem erkannt und beseitigt zu haben.
Doch das Gegenteil war der Fall! Nach wenigen Wochen gründete sich die Partei „Die Rechte“, die sich personell, wer hätte es gedacht, nahezu eins zu eins aus den ehemaligen Kameradschaftsstrukturen rekrutierte. Dadurch wurde den Rassisten einfach eine neue, wahrscheinlich viel weitreichendere, Plattform geboten.
Die alten „Kameraden“ sind also leider nicht, wie der deutsche und Hammer Gutbürger sich einbilden mag, von der Bildfläche verschwunden, sie sind weder aus dieser Stadt, noch aus dieser Welt gegangen.
Rechte Strukturen zerschlagen!
Aus dieser Erkenntnis heraus sehen wir antifaschistische Arbeit als unbedingte Notwenigkeit. Wir haben uns als junge Menschen zusammengefunden und es uns zur Aufgabe gemacht, gegen die hiesigen rechten Strukturen vorzugehen.
Wir kämpfen mit allen Mitteln gegen ihre faschistischen und rassistischen Ideologien. Deshalb richtet sich unser Augenmerk auf die organisierten neofaschistischen Gruppierungen und Parteien, die immer wieder rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische und homophobe Weltanschauungen in die Gesellschaft tragen und in den Köpfen der Menschen verfestigen.
Antifa. Was bedeutet das für uns?
Auch heute, über 60 Jahren nach der Befreiung vom deutschen Faschismus, existiert die Ideologie, die es möglich machte, 6,5 Millionen Juden und Jüdinnen zu ermorden, weiter. Sie existiert in den Köpfen der Nazis, die Aufmärsche organisieren und ihren Fremdenhass, Rassismus und Antisemitismus in die Gesellschaft tragen. Die gegen Menschen, die nicht in ihr Weltbild passen, hetzten und sie angreifen.
Doch Antifaschismus heißt für uns nicht, nur gegen Nazis vorzugehen.
Denn die Ideologie, die hinter Neonazismus steht, findet auch immer unterschätzten Anklang in breiten Teilen der Gesellschaft.
Die Köpfe der deutschen Mehrheitsgesellschaft sind geprägt von Antisemitismus (siehe jüngste Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung) und Rassismus.
Menschen, die nach Asyl suchen, werden abgeschoben oder durch Gesetzte, wie die Residenzpflicht, in unmenschliche Verhältnisse eingesperrt. Die deutsche Gesellschaft trägt diese Entscheidungen mit und schaut zu, wenn Menschen ein Leben in Würde verwehrt wird. Denn sie gehören ja eben nicht zu ihrer konstruierten deutschen Volksgemeinschaft, was es leicht macht, sie von ihren Rechten auszuschließen.
Wir fordern eine klassenlose Gesellschaft!
In einer kapitalistischen Gesellschaft werden Menschen zu Konkurrenzdenken gezwungen. Das macht es möglich, dass Menschen einteilen in nützlich und unnütz, es macht Ausbeutung und Unterdrückung ausführbar.
Der Kapitalismus ist daran schuld, dass unzumutbare Lebensverhältnisse produziert und immer wieder reproduziert werden und gehört deshalb überwunden!
Daher gehört die Kritik und die Bewusstmachung des Kapitalismus im Kern zu unserem Verständnis von Antifaschismus.
Wir kämpfen für eine klassenlose Gesellschaft, frei von Unterdrückung und Herrschaft!
Wie und wo werden wir aktiv?
Wir verstehen uns als aktionistische Gruppe und gehen lokal gegen Antisemitismus, Rassismus, Fremdenhass, Patriotismus, Nationalismus, autoritäres Denken, Sexismus, Homophobie und Faschismus vor.
Aus diesem Grund unterstützen wir auch andere Antifa-Gruppen bei Aktionen und wo wir es sonst noch können.
Wir arbeiten mit anderen antifaschistischen Gruppierungen zusammen und verständigen uns in Netzwerken untereinander. Dennoch agieren wir unabhängig von anderen Antifa-Gruppen.
Wir sind eine autonome Organisation die weder mit dem Staat zusammenarbeitet, noch Gelder von diesem bezieht.
Wir lehnen jede Art von Herrschaft von Mensch über Mensch ab und haben deshalb keinerlei hierarchische Strukturen. Wir besitzen weder einen Vorstand noch feste Mitglieder.
Join us!
Wir fordern die Menschen auf, gegen menschenverachtende Weltanschauungen auf die Straße zu gehen, den Kern dieser zu hinterfragen, mehr Zivilcourage im Alltag zu zeigen und sich nicht länger von Autoritäten unterdrücken zu lassen.
Jede/r, der/die Lust hat, gegen Nazis und den ganzen anderen Dreck zu arbeiten und mit uns für eine freie Gesellschaft zu kämpfen, kann sich an uns wenden.
In der Gruppe selbst ist Mensch nicht immer einer Meinung. Es ist uns wichtig, dass wir durch Diskussionen über relevante Themen unser Selbstbild schärfen und dabei unseren aktionistischen Fokus nicht aus den Augen zu verlieren.